Andacht Juni 2010

05. Juni 2010

Es ist ganz wichtig, an Gott dranzubleiben

Eine gute Bekannte meiner Frau ist schwer krank. Gerade hat sie eine harte Chemotherapie hinter sich gebracht. Dabei hat die Hoffnung sie die ganze Zeit hochgehalten, dass der Krebs dadurch endlich gestoppt wird. Nun die niederschmetternde Diagnose: es hat sich nichts verändert, der Krebs streut weiter.

„Gib nicht auf“, sagt meine Frau ihrer verzweifelten Freundin, „heutzutage gibt es Therapien auch in scheinbar aussichtslosen Situationen.“ Kurze Zeit später ruft meine Frau wieder bei ihr ein, beim ersten Anruf hatte sie etwas Wichtiges vergessen. „Hör nicht auf zu beten. Und wenn du ganz wütend auf Gott bist, dann sag ihm das. Und denke daran: Gott kann alles heilen. Für ihn gibt es keine aussichtslosen Situationen.“

Ich finde toll, was meine Frau da gesagt hat. Wenn es einem schlecht geht – übrigens auch, wenn es einem gut geht -, ist es ganz wichtig, an Gott dranzubleiben. Und wenn ich enttäuscht über ihn bin, weil er mir nicht geholfen hat, ist es ganz wichtig, ihm das zu sagen. Dann ist es entscheidend, nicht in Bitterkeit zu verfallen und sich in den Gedanken zu verrennen: er hilft mir nicht, vielleicht gibt es ihn gar nicht. Sondern es gilt, gerade dann nicht aufzuhören, ihn im Gebet zu suchen. Ich bin überzeugt. Wer so dranbleibt, wird auch wieder gute Erfahrungen mit Gott machen.
Aber es gibt auch andere Situationen. Da ist dann nicht die Zeit der Klage, sondern der Bitte. Da ist das Vertrauen zu Gott entscheidend, der uns in Christus ganz nahe gekommen ist. Im Lied „In dir ist Freude“ wird das so ausgedrückt: „Du hast` s in Händen, kannst alles wenden, wie nur heißen mag die Not“. (EG 398,2) Wichtig finde ich dabei: es gibt keine Not, die nicht in Gottes Hand liegt. Da mag es um Krankheiten, um Konflikte, um Finanzsorgen gehen – Gott hat alles, was uns bewegt, in seiner Hand und kann alle Not wenden. Darauf darf ich voller Hoffnung setzen, dass er auch mein Problem lösen und auch meine Krankheit heilen kann.

Wird das Gewünschte mir aber dauerhaft und, wie es scheint, unwiderruflich nicht gewährt, dann ist Ergebung in Gottes unergründlichen Willen angesagt. Auch das tut mir dann gut: ja zu dem zu sagen, was jetzt ist, weil Gott es so will. Er mutet es mir zu und gibt mir zugleich die nötige Kraft und den Mut dafür.

Ob nun klagen, bitten, danken oder sich ergeben in Gottes Willen dran ist – Gott ist mehr als das Gute, das ich mir von ihm erhoffe. Auch wenn ich nicht gesund werde oder andere Probleme sich nicht auf die erhoffte Art lösen, er bleibt er der Gott, der es gut mit mir meint. Die Beziehung zu ihm ist das, was bleibt – in Jesus darf ich seiner Liebe zu mir gewiss sein. Das Getragenwerden von ihm ist die Kraftquelle meines Lebens. Daraus erwächst immer wieder heilsame Veränderung, aber auch die Kraft, Schweres durchzustehen. In guten und in schlechten Zeiten ist Gott das entscheidende Gegenüber meines Lebens.

Götz Weber, Pastor an der Kreuzkirche in Mitte