Andacht Mai 2016

02. Mai 2016

„Mama, du verstehst mich nicht.“ Wie oft bekommen Eltern diesen Satz zu hören. Du verstehst mich nicht. Du weißt nicht, wie es mir geht. Du weißt nicht, was mich beschäftigt. Du hast keine Ahnung von dem, was mir wichtig ist!

Ihr versteht mich ja doch nicht! Kinder über Eltern, Eltern über Kinder, Frauen über Männer und umgekehrt, Junge über Alte. Vielleicht kennen Sie das: Die Worte kommen bei mir an, aber ich verstehe sie nicht. Und noch deutlicher wird es, wenn wir eine Sprache nicht verstehen. Das kann die Gemeinschaft gefährden, wenn wir uns im täglichen Miteinander nicht verstehen.

Pfingsten erzählt uns die Apostelgeschichte, dass plötzlich Sprachgrenzen überschritten werden. Gottes Geist Veränderung zwischen Menschen, die sich sonst nicht verstehen.

Gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel waren am Pfingsttag in Jerusalem zusammen. Viele Menschen waren nach Jerusalem gekommen. Ein Sprachgewirr. Die Gruppe um Jesus: irgendwo hinter verschlossenen Türen. Mit der ängstlichen Frage: Wie soll es denn nun weitergehen? Die Jünger sind auf sich gestellt. Jesus ist nicht mehr da und von Aufbruchsstimmung ist nichts mehr zu spüren. Wer rechnet jetzt noch mit großen Überraschungen?

Aber plötzlich passiert etwas. Es kommt etwas in Bewegung. Grenzen werden aufgehoben. Die Menschen geraten buchstäblich aus dem Häuschen. Sie sind Feuer und Flamme! Sind die etwa betrunken? Die Apostelgeschichte erzählt, dass das Haus der Jünger von einem gewaltigen Brausen und Wind erfüllt wurde. Sie sahen etwas wie Feuer, das sich zerteilte, und auf jedem ließ sich eine Flammenzunge nieder. Und dann begannen sie in andere Sprachen zu reden. Pfingsten in Jerusalem. Eben noch waren die Jünger verängstigt und dann geschah dieses Brausen. Alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt. Und sie begannen zu predigen. Bisher hatten sie sich nur hinter verschlossenen Türen getroffen: Bloß nicht auffallen.

Und plötzlich sind sie mittendrin. Ihre Zunge löst sich. Sie müssen reden. Sie müssen von Jesus reden. Sie müssen predigen. Man muss sich das einmal vorstellen: Petrus hält in aller Öffentlichkeit eine unvorbereitete Pfingstpredigt.

Gottes Geist will uns auch heute den Mund aufmachen. Und Pfingsten dürfen wir damit rechnen, dass der Heilige Geist in uns und durch uns wirkt. Gottes Geist bewirkt Verständigung. Und das Wort von der Liebe Gottes will erzählt werden.

Aber sprechen wir denn alle eine gemeinsame Sprache? Pfingsten zeigt uns ja, wie Grenzen zwischen Menschen aufgebrochen werden.

Hier noch einmal die Apostelgeschichte:

Jeder hörte die Botschaft der Jünger in seiner eigenen Sprache. Die unterschiedlichen Sprachen, Dialekte und Mundarten werden nicht aufgehoben. Die eigene Identität ist wichtig.

Diesen Geist vom Pfingsttag wünsche ich uns, wenn wir Menschen ansprechen wollen. Der Geist Gottes, der das Schweigen bricht.

Pastorin Heike Breuer, Michaelis-Paulus-Kirchengemeinde