Andacht Februar 2020

30. Januar 2020

Hauptsache gesund?

„Hauptsache gesund!“ Diesen Ausruf höre ich immer wieder einmal auch in meinem Alltag als Seelsorger im Klinikum Reinkenheide. Menschen stellen die Gesundheit, ihre Gesundheit, als höchstes erstrebenswertes Gut da. Und natürlich ist Gesundheit absolut wichtig, ist sie aber tatsächlich das höchste erstrebenswerte Gut? Ich kenne gesunde Menschen, die mit der Lebenseinstellung: Wo ich unglücklich bin ist mir eigentlich egal!, durch ihr Leben gehen, und ich kenne Menschen, die einen großen Frieden ausstrahlen trotz einer schweren chronischen oder gar stark lebensverkürzenden Erkrankung.

Also kann es so einfach nicht sein mit Krankheit und Gesundheit und dem unglücklich oder glücklich sein. Da scheinen noch andere Bedingungen mit hinein zu wirken.

Die Menschen, denen ich in fast zwei Jahrzehnten meiner Arbeit im Klinikum begegnet bin, haben mich gelehrt, dass wir ein Leben lang an drei Aufgaben zu arbeiten haben. Diese prägen uns entscheidend und tragen zu unserer Erfüllung oder unserer Verirrung und Verwirrung bei.

Sie heißen Angstbewältigung, Sinnfindung und Selbstbefreundung.

Jeder Mensch muss mit seinen ganz eigenen Ängsten und Hoffnungen leben lernen, muss verstehen lernen was sie auslöst, was sie bedeuten und wie er sie bewältigen kann.

Auch die Sinnfindung prägt uns entscheidend, denn Sinn können wir nicht machen, sondern nur entdecken. Er ist eine große Orientierungs- und Kraftquelle.

Und dann dieses ungewohnte Wort Selbstbefreundung. Wir sind der einzige Mensch in unserem Leben, den wir niemals verlassen können, aber gehen wir körperlich, seelisch und geistig auch so mit uns um?

In den Worten und dabei gerade auch in den Gleichnissen Jesu von Nazareth können wir erfahren und spüren wie diese drei Lebensthemen: Angstbewältigung, Sinnfindung und Selbstbefreundung immer da sind und von ihm beantwortet wurden. Und tatsächlich, das löste und löst bei Menschen immer noch ein Urvertrauen aus, mit dem ich mich traue zu leben und auch zu sterben. 

Pastor Martin von der Brelje, Seelsorger,
psychologischer und Ethikberater,
Klinikum Bremerhaven Reinkenheide