Andacht Februar 2014

03. Februar 2014

„Es ist Vesperkirche.“

So begann eine Kollegin aus der evangelischen Konkordienkirche in Mannheim ihre Radioandacht. Und erzählte von Menschen, die die Vesperkirche besuchen. Jedes Jahr werden im Winter für vier Wochen die Bänke abmontiert. Stühle und Tische werden reingetragen, der Raum vorbereitet, damit täglich Hunderte Menschen Platz zum Essen finden. An Spitzentagen kommen 600 Menschen zur Vesper, wie man im Süddeutschen für eine Mahlzeit sagen kann. Manche sind gleich früh vor Ort und bleiben bis die Kirchentür ins Schloss fällt. Mit An- und Abreise und sich Zeitlassen ist ein Tag herum und die Heizung zuhause muss nicht angestellt werden. Die monatliche Rente ist bei manchen sehr knapp. So lässt sich Geld sparen für ein paar neue Schuhe. Die Altersarmut nimmt zu.

Die Vesperkirche ist weit mehr als nur ein Ort zum Essen. Den Menschen wird Respekt entgegen gebracht. Sie müssen sich nicht einreihen in die Schlange, sondern werden am Tisch bedient wie in einem Restaurant. Es gibt medizinische Angebote und für Leib und Seele eine Andacht. Die Armut bekommt ein Gesicht. Menschen, die im Alltag nicht sichtbar erscheinen, rücken auf einmal ins Zentrum. Die Abwertung wird durchbrochen. Die Vesperkirche setzt einen Impuls in der Stadt.

Sie ist ein Ort der Gespräche. Ein Ort der Gemeinschaft. Das Zusammentreffen von Wohlsituierten und Obdachlosen beim sonntäglichen Konzert zum Beispiel.

Das Diakonische Werk ergänzt das ganze Jahr über die Arbeit mit dem DiakoniePunkt, einem Laden mit Sozialberatung, dem Angebot von Kleidung und manch anderem mehr.

„Es ist Vesperkirche“ heißt für die zwei Kolleginnen in Mannheim, alles andere tritt in den Hintergrund. Der Kollege übernimmt die alltägliche Arbeit in der Gemeinde, damit die beiden Zeit für die Menschen in der Vesperkirche haben, für die Besucher des Mittagessens und für die vielen Ehrenamtlichen. Manche Ehrenamtliche nehmen sich extra Urlaub, um mithelfen zu können. Ein Mangel an Ehrenamtlichen, wie sonst vielerorts beklagt, gibt es hier nicht. 60 sind es täglich.

Hier begegnen sich Menschen, die sonst wenig miteinander zu tun haben. Hier wird sie gelebt, zumindest auf Zeit: die christliche Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern. Und so manche Begegnung trägt sich durch das ganze Jahr.

Pastorin Andrea Schridde